Raymond Macherot

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Raymond Macherot (* 30.3.1924 in Verviers; † 26.9.2008) gehörte zu den klassischen Zeichnern und Autoren der frankobelgischen Comics. Seine Haupserien waren Anatol für Tintin und die hierzulande wenig bekannte Sibylline für Spirou, aber auch der später von Turk und Bob de Groot populär gemachte britische Geheimdienstler Clifton gehört zu seinen Schöpfungen.

Werdegang

Nach Kriegsende 1945 war Macherot zunächst auf einem Minenräumboot der Royal Navy tätig. Anschließend fasste er eine Karriere als naiver Maler und Journalist ins Auge, verdingte sich aus finanziellen Gründen aber schnell als Illustrator. Für das Brüsseler Wochenblatt Pan fertigte er unter dem Pseudonym Zara in den späten 40er Jahren erste satirische Zeichnungen an. 1953 begann Macherot seine Arbeit für den Verlag Le Lombard und dessen Magazin Tintin. Sein ursprüngliches Projekt, mit dem er sich dort vorgestellt hatte, war Le Chevalier Blanc gewesen, aber die realistischen Zeichnungen für die Mittelalter-Serie lagen ihm nicht besonders. So überließ er den weißen Ritter auf Wunsch des Verlags Fred & Liliane Funcken, die ihn zum Erfolg führten, und gilt als Autor der ersten Episode. Statt einer Serie realisierte er so im selben Jahr lediglich einige Illustrationen und kurze, abgeschlossene Comics für das Magazin.

Im Fünfseiter "Mission «chêvrefeuille»" (dt. "Unternehmen Geissblatt" in Dalla 14-15/1954) experimentierte Macherot 1953 erstmals mit vermenschlichten Tieren im Funny-Stil. Der kurze Comic sollte den Großteil seines weiteren Schaffens prägen: Unter einer scheinbar niedlichen Oberfläche kommen die dunklen und brutalen Seiten des Lebens zum Vorschein - der Kampf ums Überleben wurde zum Hauptthema vieler Macherot-Geschichten. Die Helden des Comics, Gustave und Anselme, wirken wie Vorläufer des bekannteren Duos Chlorophylle und Minimum: Der Tierfunny Chlorophylle (dt.: Anatol bei Kauka und Carlsen) um einen aufgeweckten Gartenschläfer/Bilch (oder doch eine Brillenmaus?) und seine Nagerfreunde im Kampf gegen die Ratte Anthracite und andere Feinde war ab 1954 Macherots erste Serie. Sie wurde zum Erfolg und stellt rückblickend vielleicht seinen bedeutendsten Beitrag zu den Comics dar.

Zwei weitere, kurzlebigere Helden für Tintin waren 1956/57 die Ente Klaxon, die lediglich in vier kurzen Comics auftrat, und Le père la Houle, ein einsamer Seemann mit Papagei, der ein langes Abenteuer erlebte, um nach zwei weiteren kurzen Comics ebenfalls wieder zu verschwinden. Ab 1959 brachte Macherot den britischen Colonel Clifton (dt.: Percy Pickwick in Yps und bei Carlsen) auf den Weg und schrieb und zeichnete bis 1961 die ersten drei Abenteuer des Geheimdienstlers im Ruhestand (auf deutsch alle versammelt im Percy Pickwick-Album 10). Ende 1963 verließ er Tintin, da er im Konkurrenzmagazin Spirou eine geeignetere Plattform für seine bevorzugte Gattung, die Funny Animals, sah. Seine beiden Tintin-Hauptserien wurden von zahlreichen anderen Künstlern weitergeführt: um Chlorophylle kümmerten sich Pierre Guilmard, Hubuc, Dupa (mit Janry), Bob de Groot, Walli und Bom, während der Colonel von Jo-Ël Azara, Greg, Bob de Groot, Turk, Bédu und Michel Rodrigue zum Erfolg geführt wurde.

Sein Spirou-Debüt gab Macherot Anfang 1964 mit einem weiteren Tierhelden, dem Kater Chaminou. Im Geheimauftrag seiner Majestät von Zoolande erlebte der aristokratische Agent zunächst nur ein Abenteuer, "Chaminou et le Khrompire", das 1965 von Dupuis auch als Album herausgebracht wurde (dt.: Bastei Comic 9: "Rataton der Schleichagent - Toller Trubel im Pfefferland", stark gekürzt). Die Geschichte genoss unter Fans Kultstatus, so dass im Auftrag von Marsu Productions 1989 ein zweites Chaminou-Album realisiert wurde. Dem Werk von Zeichner Denis Bodart und Texter Yann folgten ab 1992 weitere vier Alben von Olivier Saive, die teilweise die Erststory samt Macherots Originalzeichnungen wiederaufwärmten.

Das Jahr 1965 sah schließlich die Geburt von Sibylline (dt.: Sibylline, Bastei Comic 6, 10 und 14), Macherots Hauptserie für Spirou, die auf Chlorophylle aufbaute. Die Abenteuer der titelgebenden Mäusin, ihres Verlobten Taboum und des komischen Vogels Flouzemaker erschienen bis Mitte der 80er Jahre auch als Album bei Dupuis. Als Spin-off der Serie erlebte die doofe Miezekatze Pantoufle 1966 ein Solo-Abenteuer in Spirou, für dessen Szenario Macherot Starthilfe von René Goscinny erhielt. Von 1979 bis 1981 ließ der Zeichner die Katze für vier Kurzgeschichten wiederauferstehen.

In den späten 1960er Jahren betätigte sich Macherot erstmals auch als reiner Szenarist: 1968/69 griff er Neuankömmling Berck unter die Arme, der wie er von Tintin zu Spirou gewechselt war. Es entstand die kurzlebige Serie um den Seebären Mulligan, bei dessen zweitem Abenteuer auch Yvan Delporte mitwirkte. Eine wesentlich erfolgreichere Zusammenarbeit mit Delporte stellte zwischen 1969 und 1977 die Serie Isabelle für Zeichner Will dar, zu der später André Franquin als weiterer Co-Szenarist hinzustieß. Von 1970 bis 1975 zeichnete Macherot nach Szenarios von Raoul Cauvin zudem die kurzen Gag-Comics um Kater Mirliton.

In den 80er Jahren konzentrierte sich der Künstler für Spirou fast ausschließlich auf seine Hauptkreation Sibylline, deren letztes Abenteuer 1990 im Magazin erschien. Danach begab er sich in den Ruhestand und konnte sich endlich der Malerei widmen. In den Jahren 2006/07 brachten die Éditions Flouzemaker überraschend drei neue Alben mit der furchtlosen Maus heraus: die ersten beiden wurden von Zeichner André Taymans unter Macherots Beaufsichtigung realisiert, während das dritte fast vollständig vom Meister selbst zu stammen scheint.

Macherot bei Kauka


Weblinks