Carlos Grangel
Der Katalane Carlos Grangel [Gran-Schéll, zweites "g" stimmhaft wie in "Garage"] (* 17. Oktober 1963 in Barcelona) avancierte in den 80er Jahren zu einem der besten FF-Zeichner des Comicup-Studios. Besonderes Merkmal des Künstlers, der den Stil von Referenzzeichner Massimo Fecchi hervorragend adaptierte, waren vor allem originell gestaltete Tiere, Phantasiewesen und Nebenfiguren, die er in dynamisch-lockerem Strich in seinen FF-Comics zu Papier brachte.
Für das Comicup-Studio (und über die Comicon-Agentur) zeichnete Grangel von 1981 bis 1983 Comics für Fix und Foxi und Knax sowie für die schwedische Wochenzeitschrift Skoj. Außerdem fertigte er für Bruguera Comics der Serien Tom y Jerry, Oso Yogi (Yogi Bär) und Los Picapiedra (Familie Feuerstein) an und arbeitete für das Magazin Jauja des ebenfalls in Barcelona ansässigen Verlags Druida. Nach seiner einjährigen Militärdienstzeit gestaltete Grangel von 1984 bis 1986 für das dänische Gutenberghus (heute Egmont) Geschichten mit Winnie Puuh. Abermals für Comicup zeichnete er im Zeitraum von 1986 bis 1990 parallel dazu Kauka-Comics für Pabel und Disney-Comics für Oberon in den Niederlanden (Hansi Hase, erst zwischen 1992 und 1995 erschienen). Daneben gestaltete er eigene Arbeiten und fertigte Illustrationen für Kinderbücher, Comicmagazine und Grußkarten an.
1989 machte Grangel an der Createcnia-Schule für Gestaltung und Kommunikation ein Diplom in Animationtechniken. Nach seinem Abschied von Comicup im Jahre 1990 wagte er sogleich den Sprung ins Trickfilmgeschäft, in dem er seither sehr erfolgreich mitmischt - mittlerweile gehört er zu den gefragtesten Künstlern der Animationsbranche. In seinem eigenen Studio, das er zusammen mit seinem Bruder Jordi gründete, entwickelt und gestaltet der ehemalige Kauka-Zeichner heute Figuren und Stile für qualitativ hochwertige Animationsfilme und überwacht den anschließenden Produktionsablauf. Unter anderem hat er auch für Steven Spielbergs Dreamworks Animation Studio und für Tim Burton gearbeitet.
Inhaltsverzeichnis
Grangel über seinen künstlerischen Werdegang
Seine Zeichnerlehre begann Grangel im Sommer 1980, gleich nach Beendigung der Schule, beim Studio Sanchís Bonet in seiner Heimatstadt Barcelona. Der damals gerade 17-jährige liebte das Zeichnen so sehr, dass er lieber Comic-Zeichner und Illustrator werden wollte, anstatt die Universität zu besuchen. Seinen Eltern ist er sehr dankbar, dass sie ihm damals erlaubten, das zu tun, was ihm am Herzen lag. Woher seine große Zeichenleidenschaft kam, kann Grangel nicht genau sagen. Dem heutigen Mittvierziger fallen spontan auch keine bestimmten Lieblingscomics ein, die er damals hatte, oder gar Vorbilder, denen er nacheiferte. Von sich sagt Grangel heute, dass er Kunst ganz allgemein mag, ob nun in Form von Comics oder anderen künstlerischen Disziplinen. Seiner Ansicht nach könne man aus allen Kunstrichtungen viel lernen, was Freude bereite. Wie der gleichaltrige Isaac Montoya, der schon ein Jahr zuvor im Studio angefangen hatte, kam auch Carlos Grangel bei Sanchís erstmals mit Kauka-Comics in Berührung: Seine erste Aufgabe in Sachen Fix und Foxi sei es gewesen, grobe Vorskizzen, Scribbles und Storyboards für andere Zeichner zu erstellen, die daraufhin das eigentliche Artwork ausführten.
Schon nach einem Jahr bei Sanchís, im Sommer 1981, wechselte der talentierte Jungzeichner zum Studio Comicup von José Cánovas, welches damals noch das spanische Zeichenstudio von Comicon war:
So weit ich weiß, war Comicup José Cánovas' eigene Firma, die er ursprünglich in El Masnou gegründet hatte, das ca. 35 km außerhalb von Barcelona liegt. Nebenbei bemerkt war José Cánovas selbst ein großartiger Comic-Zeichner. Um 1979/80 zog er mit seiner Firma um nach Barcelona. Ich dachte damals auch, dass Comicon nur Peter Wiechmanns Unternehmen war, aber es war wohl so, dass er und José eng zusammenarbeiteten, wobei jeder sein eigenes Unternehmen hatte.
Bei Comicon/Comicup war Carlos Grangel ausschließlich als Scribbler und Pencil-Artist tätig. Manchmal schlossen auch andere Penciler des Comicup-Teams seine Reinzeichnungen ab, für eine Weile beispielsweise Miguel. Über die Jahre tuschten mehrere Inker seine Zeichnungen:
Ich habe immer nur die Bleistiftzeichnungen gemacht und hatte viele verschiedene Inker, die mit mir und anderen Zeichnern zusammenwirkten. Um nur ein paar zu nennen, Carles Burgès, der die Indianer-Geschichte [„Der geraubte Totempfahl“ aus FF 8/1987] getuscht hat, Joaquín Cañizares, Pedro Alférez Canós, Gina Carol, Tran [jun.] ...
Die Freiheiten bei der Auswahl von Skripten oder bestimmten Themen, die Grangel als Comicup-Zeichner umsetzen konnte, waren eher begrenzt - er und seine Kollegen arbeiteten damals mit den Skripten, die ihnen gerade zur Verfügung standen. Am liebsten waren ihm die Geschichten, die es ihm erlaubten, Außerirdische oder auch Tiere zu zeichnen. Dass er seine Zeichnungen streng am Stil von Massimo Fecchis FF-Comics ausrichten musste, störte ihn damals nicht. Fecchi sei eben das Muster gewesen, dem man folgte und das man kopieren sollte, und er persönlich fand den Zeichenstil sehr ansprechend. Carlos Grangel blickt heute sehr gern auf seine Zeit als Comicup-Zeichner zurück, die er mit vielen schönen Erinnerungen verbindet:
Ich war ein sehr junger Künstler, und Lernen war meine hauptsächliche Motivation. Ich wollte stets eine schöne und anständige Arbeit abliefern. Die Zeit bei Comicup hat mir auf jeden Fall sehr viel Spaß gemacht, und sie hat mir sehr geholfen, mich immer weiter zu verbessern und zu professionalisieren. Ich muss auch noch erwähnen, dass ich Mitte der 80er auf einer Reise mit José Canovas den Verlag in Rastatt besuchte, dort kam ich mit den Verantwortlichen zusammen. Ich habe großartige Erinnerungen an das Treffen mit Helmut Murek, den ich als sehr kreativen und netten Menschen kennenlernte.
Als er 1990 aufhörte, Comics für Comicup zu zeichnen, erzählt Grangel, habe er sich in die Entwicklung von Figuren und Stilen für Animationsfilme geradezu hineingestürzt, da er dies für sich als die perfekte Arbeit ansah, um seine kreativen Fähigkeiten noch weiter ausbauen zu können.
Grangel über die Trickfilmprojekte von Rolf Kauka Comics
Im Februar 2008 erfuhr Carlos Grangel erstmals von den Trickfilmprojekten, die Rolf Kauka Comics mit dem Animationsstudio Ludewig in Hamburg realisiert. Der Animationsexperte machte sich ein Bild von der im spanischen Animationsstudio D'Ocon produzierten alten Fix & Foxi-TV-Serie und schaute sich außerdem die verschiedenen Style- und Model-Sheets der FF-Familie an, die Kauka Promedia zwischen 1998 und 2008 erstellen ließ. Eher skeptisch reagierte er darauf, dass der abendfüllende Fix & Foxi-Kinofilm im Gegensatz zur Pauli-TV-Serie in 3D-Animation geplant ist:
Ich wusste bislang nicht, dass an einer TV-Serie für Pauli gearbeitet wird. Das ist großartig und umso besser, wenn sie klassisch animiert wird und nicht in 3D. Ich glaube schon, dass Kauka-Figuren sich sehr gut für 2D-Animation eignen, aber nicht daran, dass sie sich auch gut auf 3D übertragen lassen. Ich hoffe, dass die Produzenten die Figuren nicht zu stark verändern. Die sind schön und liebenswert gestaltet, so wie sie damals in den Comics waren. Und was die FF-Trickfilmserie von D'Ocon betrifft... meine ehrliche Meinung ist, dass die nicht gut genug war. Ich denke, wenn man Comic-Figuren für den Trickfilm animiert, muss man ziemlich vorsichtig sein. Da ist es sehr wichtig, genau auszuwählen, wem man die künstlerische Leitung anvertraut und wer das Character-Design kontrolliert, sonst läuft alles sehr leicht schief. Und mit 3D ist das sogar noch schwieriger. Die FF-Figuren haben einen sehr grafischen Stil, also muss die Umsetzung für die Animation gut vorausgeplant werden. Sie erfordert genaue vorhergehende Modellstudien und eine Menge Entwicklungsarbeit im Vorfeld der Produktion. Ich fliege am Ende der Woche schon wieder nach Los Angeles, um eine Filmproduktion zu betreuen. Damit will ich sagen, dass Aufsicht und Rückmeldung in der Animationsbranche wirklich sehr wichtig sind! Mir persönlich gefällt ja der Fecchi-Stil am besten, vielleicht aus der mittleren Zeitspanne seiner Comics, wahrscheinlich so von 1979 bis 1986, mehr oder weniger. Ich mag auch einiges aus seiner frühen Stilphase. Deshalb bin ich der Meinung, dass Fecchi als Berater für die Animation einbezogen werden sollte.
Auf die Frage, ob er als erfahrener Trickfilmprofi nicht viel besser für den Job geeignet wäre, und ob er nicht Lust verspüre, die Animation des FF-Spielfilms selbst zu betreuen, äußerte sich Carlos Grangel grundsätzlich nicht abgeneigt. Allerdings ist das Studio des ehemaligen FF-Zeichners seiner Meinung nach für dieses Projekt möglicherweise überqualifiziert, da er vermutet, dass sich der geplante 3D-Film produktionstechnisch nicht auf dem Niveau international konkurrenzfähiger Animationsfilme befindet.
Die Supervision für den 3D-Film mit FF würde ich wirklich sehr gern machen, aber ich kann schlecht da hingehen, fragen und meine Vorschläge einreichen... das klingt zwar ein bisschen eingebildet, aber ich habe auch meine Zweifel, dass die sich uns überhaupt leisten wollten: Unsere Preise basieren ja derzeit auf großen Hollywoodproduktionen. Zuletzt hatten wir an "Bee Movie" und "Kung Fu Panda" gearbeitet, und wir haben eine neue Zusammenarbeit mit Aardman in Bristol... wir haben also auch so wirklich eine Menge zu tun.
Bislang betreute Trickfilmproduktionen
2006-2008
Dreamworks Animation, Los Angeles, USA
Character-Design für abendfüllende Animationsfilme, Anregungen, Ideen und Entwürfe u. a. für:
- "Kung Fu Panda" (3D)
- "Bee Movie" (3D)
2000-2005
Warner Bros. Productions Ltd., London, Großbritannien
Character-Design Supervisor für abendfüllenden Puppentrickfilm:
- „Tim Burton’s Corpse Bride“
Dreamworks Animation, Los Angeles, USA
Character-Design für abendfüllende Animationsfilme, Anregungen, Ideen und Entwürfe für:
- „Flushed Away“ (Aardman & DreamWorks Pictures) (3D)
- „Shark Tale“ (3D) Character-Design Supervisor
- „Madagascar“ (3D)
- „Sinbad“
Werbefilme
Cruzcampo/Heineke, Sevilla, Spanien
Character-Design für Werbefilme ¨Gambrinus¨ (3D)
Danone, Barcelona, Spanien Character-Design für Werbemaskottchen ¨Danet¨ (3D)
1995-2000
Dreamworks Animation, Los Angeles, California, USA
Character-Design für abendfüllende Animationsfilme, Anregungen, Ideen und Entwürfe für:
- „Spirit“ Character-Design Supervisor (Oscar-nominiert für besten abendfüllenden Spielfilm, Annie Award für Grangel)
- „Tusker“ (3D)
- „The Road to El Dorado“
- „Antz“ (3D)
- „The Prince of Egypt“
1993-1995
Munich Animation/ Warner Bros., München, Deutschland
Character-Design Supervisor für abendfüllenden Animationsfilm:
- „Die furchtlosen Vier“
Richard Purdum Produc., London, Großbritannien
Character-Design für Werbefilme ¨Ascriptin¨ und ¨Laughing Cow¨
Blizzard Animation, London, Großbritannien
Character-Design für ¨Müller-Milch¨-Werbefilme
Gerhard Hahn, Berlin, Deutschland Additional-Character-Design für Trickfilmserie:
- „Urmel“
Colossal Pictures Ltd., San Francisco, USA
Character-Design Supervisor für abendfüllende Animationsfilme:
- „King Tut“
- „Don Quixote and Sancho“
- „The Flying Dutchman“
Steffen/Annette Schaffer & Co. Berlin, Deutschland
Character-Design Supervisor für Puppenanimation, Kurzfilm ¨Der Perückenmacher¨ (2001 Oscar-Nominiert für besten animierten Kurzfilm)
1990-1993
Universal Pictures, London, Großbritannien
Character-Design für abendfüllende Animationsfilme, Anregungen, Ideen und Entwürfe für:
- „Balto“
- „We’re Back“
- „Just So Stories“
- „Crazy Dog“
- „Cats“
- Storyboard: Erster Teil der Grizzly-Angriffssequenz in „Balto“
Kauka-Comicographie
- (in Arbeit, siehe Diskussion dieses Artikels)