Walter Neugebauer

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Walter Neugebauer
Neugebauer in den 50ern
Porträtskizze von Werner Hierl

Der Comiczeichner und Trickfilmer Walter Neugebauer (* 28. März 1921 in Tuzla, Jugoslawien; † 31. Mai 1992 in Geretsried bei München), auch als Valter Nojgebauer bekannt, hätte ein Großer in der Welt des Animationsfilms sein sollen - stattdessen trug er maßgeblich zum Erfolg der Kauka-Publikationen bei und bescherte der Welt den allseits bekannten Goldbär.

Werdegang

Prä-Kauka

Neugebauer wuchs als Sohn deutschstämmiger Eltern in Zagreb (Kroatien) auf. Schon mit 12 Jahren brachte er Zeichnungen in einem katholischen Gemeindeblatt unter, mit 14 illustrierte er die Kinderseite der Zeitung Novosti. Seine von 1935 bis 1937 für das Magazin Oko entstandenen ersten Comics hatten Nasreddin Hodscha (Nasredin Hodže), den arabischen Eulenspiegel, zum Helden. Mit dem Autor Branko Kovač schuf er weitere Comics für Hrvatski Dnevnik, mit seinem Bruder Norbert Neugebauer für Novosti und Veseli Zabavnik. 1939 hob er das Magazin Mickeystrip mit aus der Taufe, zu dem er die Funny-Serie Tarzanovim Stopama (dt. Tim Schnüffelbein in Max + Molly) beisteuerte. Zudem setzte er viele Geschichten für sein eigenes Comic-Magazin Veseli Vandrokaš - später: Novi Vandrokaš - um, darunter schon 1937 eine Erstversion seines Winnetou. Als der Zweite Weltkrieg 1941 Jugoslawien erreichte, stellte er das Blatt ein und gründete mit seinem Bruder ein neues mit Namen Zabavnik. Das Texter/Zeichner-Gespann führte die Abenteuer von Bimbo Bambus weiter und schuf neue Serien wie Patuljak Nosko. Nach dem Krieg kam das Aus für Zabavnik und Neugebauer zeichnete für satirische Zeitschriften wie Kerempuh.

1951, nachdem sie mit "Veliki Miting" den ersten unabhängigen jugoslawischen (bzw. kroatischen) Animationsfilm geschaffen hatten, gründeten die Neugebauers mit staatlicher Unterstützung das Zeichentrickfilm-Studio Duga Film und etablierten die "Zagreber Schule". Aufgrund der schwierigen Wirtschaftslage musste das Studio nach fünf weiteren Kurzfilmen bereits 1952 wieder schließen - Animationsfilme wurden als Luxus betrachtet. Für das Magazin Petko entstand 1953 u.a. der Comic "Nezadovoljni zeko" und für Plavi vjesnik 1954 "Začarana tapeta" - beide Werke konnten die Brüder später bei Kauka unterbringen, als "Häschen Hops" bzw. "Die Zaubertapete".

Kauka

Winnetou-Album (1963)
Berühmte Titelzeichnung (1970)

Als Rolf Kauka 1954 Station in Zagreb machte, lernte er Walter Neugebauer kennen, und der Münchner Verleger gab bei dem Animator Werbe-Zeichentrickfilme in Auftrag, u.a. für das BMW-Modell Isetta. 1955 kam Neugebauer nach München, um für Kauka den Zeichentrickfilm Münchhausen zu realisieren. Einige seiner Mitarbeiter - sein Bruder Norbert, Vlado Magdic und später Branko Karabajic und Turido Paus - folgten ihm.

Zunächst "nebenbei", dann hauptberuflich, begann Neugebauer, Comics mit Fix und Foxi zu zeichnen, wobei er in seiner Funktion als Chefzeichner das Aussehen der Füchse neu definierte. 1957 fügte er dem kaukasischen Figuren-Kosmos Tom und Klein Biberherz hinzu. Er prägte den von Becker-Kasch eingeführten frühen Mischa und wandte sich abermals Winnetou zu: Kauka veröffentlichte einen Teil der realistisch gezeichneten Geschichte 1963 auch als "Zeichenfilmbuch", welches das erste SC-Comicalbum Deutschlands darstellte. 1967 entwickelte Neugebauer für Kauka den überaus erfolgreichen Bussi Bär, 1972 schuf er mit Autor Ralf Geisler für das Bundesgesundheitsministerium den Anti-Drogen-Hund Wowman, dessen Comics bei Kauka in Primo erschienen. Als persönliche Assistentin, die seine Arbeiten tuschte, stand dem Zeichner seit 1958 Gisela Künstner (heute Italiaander) zur Seite. Einige Tom und Biber-Episoden der 1970er Jahre stammen von seinem Sohn Robert Neugebauer.

Während seiner Zeit bei Kauka hatte Neugebauer dessen Figuren einen im Vergleich zu den Anfangsjahren wesentlich stilisierteren, vereinfachteren Comic-Stil angedeihen lassen, den er schließlich Anfang der 70er Jahre als Zeichenschule in der verlagsinternen Publikation "Elemente der Kauka Comics" vorstellte. Darin sind sowohl die Charaktere als auch ihre Häuser samt Inneneinrichtung im Detail dargestellt, so dass Kontinuität in den Comics gewährleistet werden konnte. 1972 kam es nach einem lange schwelenden Konflikt mit Kauka über Urheberrechte (konkret Winnetou betreffend) und mehreren kurzzeitigen Versöhnungen zum beiderseitigen Zerwürfnis und zu Neugebauers endgültiger Kündigung.

Post-Kauka

Mit Gisela Künstner und seinem Schüler Kurt Italiaander gründete Walter Neugebauer daraufhin ein Zeichenstudio, um fortan für die Werbung zu arbeiten. Für den Ehapa-Verlag zeichnete er ab Ende 1974 zahlreiche Disney-Titelbilder (Micky Maus, Donald Duck-Taschenbuch, Lustiges Taschenbuch, Goofy-Magazin, Daniel Düsentriebs Rätsel-Shop), die er mit seinem Team auch in kurzen Zeichentrickwerbefilmen fürs Fernsehen animierte. Zu dieser Zeit zog Neugebauer auch das Interesse von René Goscinny auf sich, der ihn für sein Zeichentrickfilm-Projekt Asterix erobert Rom ins Studio Idefix holen wollte. Leider wurde diese vielversprechende Zusammenarbeit durch den damaligen Ehapa-Geschäftsführer Adolf Kabatek aufgrund der Verpflichtung des Künstlers für die MM-TV-Spots verhindert.
Goldbär.jpg
So verdingte sich Neugebauer weiterhin in der Welt der Werbung, gab mit Kurt Italiaander dem Haribo-Goldbären 1976 sein modernes, heute noch gültiges Aussehen und war maßgeblich an der Entwicklung von Werbefiguren wie z.B. 1978 Wrigleys Hubba & Bubba beteiligt. Mit den Goldbären zeichnete er 1979 auch sechs Werbecomics in Form von Einseitern (während die frühen Hubba & Bubba-Einseiter auf Italiaanders Konto gingen).

Den letzten bekannten größeren Ausflug in die Welt der Comics stellte 1977/78 die Albenreihe Sport-Billys lustige Abenteuer in aller Welt für Ehapa dar, deren sechs Bände vollständig von "Walter Neugebauer, München, unter Mitarbeit von Gisela Künstner und Kurt Italiaander" im Auftrag der Sport-Billy Verwertungsgesellschaft gezeichnet wurden. Die albenlangen Geschichten erzählten die sportlichen Abenteuer von Billy, seinen Freunden Susy und Dickie und dessen Hund Hannibal. Sport-Billy und Sport-Susy waren 1977 im Auftrag des Stuttgarter Unternehmers Rolf Deyhle als Symbolfiguren für mehrere Welt-Sportveranstaltungen entwickelt worden, sind aber vor allem als Fußball-Maskottchen der FIFA bekannt (z.B. für die Fußball-Weltmeisterschaft 1982 in Spanien). Mit den späteren Bastei-Heften und der TV-Serie, die die Figuren in einem neuen SF-Kontext und mit teilweise anderen Namen (Billy, Lilly und Hund Willy) präsentierten, hatte Neugebauer nichts mehr zu tun.

Während der Phase, in der der Kauka-Verlag zum englisch-holländischen Konsortium IPC/VNU gehörte, war Neugebauer ab 1975 als Berater des damaligen Geschäftsführers Dieter Frost hinter den Kulissen doch noch einmal für Kauka tätig. 1979 steuerte er anlässlich der Aktion "Hilfe! Unsere Stadt braucht einen Namen!" sogar noch drei letzte FF-Titelbilder bei, kehrte den Füchsen aber endgültig den Rücken, als Rolf Kauka im selben Jahr den Verlag zurückkaufte.

Über Walter Neugebauers Aktivitäten in den 80er Jahren ist, abgesehen von diversen Goldbären-Anzeigen, wenig bekannt. Als er 1992 starb, ließ Kauka seinen Sarg mit 500 Rosen bedecken.

Literatur

Weblinks